„Eh nur kurz ist schon zu lang“

Plakat-Kampagne zur Nutzung der Behindertenparkplätze
28.09.2022
Machen auf die Wichtigkeit von Behinderten-Parkplätzen aufmerksam:
(ab 2.v.l.): Behinderten-Beauftragte Nadine Idinger, Stadträtin Anja Hagenauer und Team Vielfalt-Leiterin Eva Spießberger mit Vertreter:innen des Behindertenverbands (Gertrude Blaschitz, hinten links), Franz Hufnagl (Rollstuhl) und Gabriele Weißenbäck (Initiative "Das Leben bewegen")

Die Beschwerden im Büro der städtischen Behindertenbeauftragten und bei Mitgliedern des Behindertenbeirates sind seit Jahren gleichbleibend. Deswegen startet die Stadt Salzburg erneut eine Sensibilisierungskampagne für die richtige Nutzung von Behindertenparkplätzen. Denn illegales Parken auf Behindertenparkplätzen ist kein Kavaliersdelikt. Eine Plakataktion unter dem Motto „Eh nur kurz ist schon zu lang!“ ruft aktuell die Notwendigkeit dieser Parkplätze wieder ins Bewusstsein.

288 Plätze stadtweit
Gehbeeinträchtigte Menschen brauchen zur Bewältigung des Alltags häufig ihr eigenes Auto. Der blaue, EU-weit gültige §29b-Ausweis ist eine wichtige Hilfestellung dafür. Nur mit diesem Ausweis darf das Fahrzeug auf den gekennzeichneten Parkplätzen abgestellt werden. In der Stadt Salzburg haben derzeit ca. 6.000 Menschen mit Gehbehinderung diesen Ausweis, für sie gibt es in der Stadt 288 Behindertenparkplätze. Auch Gäste mit Parkberechtigung aus ganz Europa dürfen sie benützen. Der Ausweis muss gut sichtbar hinter der Windschutzscheibe liegen.

Ressortchefin Anja Hagenauer weiß, dass zahlreiche Verkehrsteilnehmer:innen ohne Behindertenausweis die ideal liegenden Parkplätze für ihre „eh nur kurzen“ Erledigungen nützen: „Im Jahr 2021 gab es von Polizei und ÖWD in unserem Stadtgebiet insgesamt 347 Organstrafen bzw. Anzeigen. Schon diese Zahl zeigt: Vielen Menschen fehlt das Bewusstsein, warum es diese speziellen Parkmöglichkeiten gibt“, so Hagenauer. „Auch wenn keine böse Absicht dahinter steht: Betroffene müssen unverrichteter Dinge wieder nach Hause fahren oder können eine behördlichen Termin nicht einhalten. Um die Sensibilität zu erhöhen, hat die Behindertenbeauftragte den Info-Folder überarbeitet. Zudem gibt es eine Plakat-Aktion, die wachrütteln soll“, informiert Hagenauer, die auch Vorsitzende des Salzburger Behindertenbeirats ist.

 

„Der Rolli muss in den Kofferraum“
„Immer wieder ist es aber so, dass z.B. zwei Behindertenparkplätze mit drei Autos verparkt sind. Beim Zurückkommen stehen dann neben meinem Auto meist zwei ohne Berechtigung. Da höre ich dann ´ist ja eh genug Platz`. Für mich bedeutet das aber, dass ich nicht mehr in mein Auto einsteigen kann und ich auf den Lenker oder die Lenkerin warten muss. Bei hintereinander liegenden Parkplätzen entlang von Straßen klebt das nächste Fahrzeug häufig so an der Stoßstange, dass ich keine Chance mehr habe, den Rolli im Kofferraum zu verstauen. Die Bodenmarkierung wird schlichtweg ignoriert. Und wieder heißt es: Bitte warten!“, berichtet Franz Hufnagl, Mitglied des Behindertenbeirats, von seinen Erfahrungen.

Teure fünf Minuten
„Ich brauch nur fünf Minuten“, „Der Platz war ja frei!“, „Ich hab eh einen Blick auf den Parkplatz gehabt“, „Mir tun meine Beine auch weh“, „Mein Hund hält es in der Tiefgarage nicht aus!“, „Ich bin Arzt!“ – Das sind klassische Ausreden der Parksünder:innen. Für Parkplatzsuchende mit körperlicher Behinderung sind sie eine grobe Missachtung ihrer Rechte und Bedürfnisse. „Unberechtigt Parkende reagieren oft ungehalten. Ich ernte böse Blicke oder unflätige Bemerkungen. Andere tun so, als hätte ich nichts gesagt und ignorieren mich“, so Franz Hufnagl weiter.

Der Strafrahmen für unberechtigtes Parken geht von 25 Euro (Organstrafe) über 50 Euro für eine Anzeige bis zu 230 Euro bei Abschleppung. „Was aber viele nicht wissen: wer rechtswidrig den §29b-Ausweis z.B. der Gattin oder des verstorbenen Großvaters benutzt, hat mit ganz anderen Strafen zu rechnen. Denn hierbei handelt es sich nicht nur laut Straßenverkehrsordnung um ein Verwaltungsvergehen, sondern um einen Verstoß gegen das Strafgesetzbuch. Eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bzw. eine Geldstrafe von bis zu 360 Tagsätzen können hier die Folge sein“, informiert Behindertenbeauftragte Nadine Idinger.

Ein Parkplatz mit Idealmaß
Laut ÖNORM B 1600 muss ein Parkplatz für Menschen mit Gehbehinderungen mehrere Anforderungen erfüllen. Personen, die auf den Rollstuhl oder Rollator angewiesen sind, müssen beim Ein- und Aussteigen die Autotür zur Gänze öffnen, um mit dem Hilfsmittel seitlich neben das Auto fahren zu können. Deshalb ist für Behindertenparkplätze eine Breite von 3,50 m notwendig und vorgeschrieben. Auch in der Länge muss für das Aus- und Einladen des Rollstuhls vom Kofferraum etwas mehr Platz eingerechnet werden.

Behindertenparkplätze müssen sich in der Nähe des Eingangs befinden. Ein Mensch mit dauernd starker Gehbehinderung kann nur kurze Wegstrecken zurücklegen.

„Geeignete Parkmöglichkeiten in unmittelbarer Nähe ihres Zieles sind ein unverzichtbarer Beitrag zur Inklusion. Ich appelliere an alle Autofahrer:innen, diese ausgewiesenen Parkflächen freizuhalten. Ganz wichtig sind auch die Gewerbetreibenden, die dafür sorgen sollten, dass diese Parkplätze wirklich den berechtigten Personen zur Verfügung stehen – was sie zum Teil auch bereits engagiert tun“, unterstreicht Behindertenbeauftragte Nadine Idinger.

Für Parkflächen, Einstellplätze oder Garagen mit mehr als fünf Stellplätzen muss laut ÖNORM ein Stellplatz für Menschen mit Gehbehinderungen eingerichtet werden. Ab 50 und für alle weiteren „angefangenen“ 50 Stellplätze ist ein zusätzlicher Behindertenparkplatz notwendig. Beispiel: bei 51 Stellplätzen sind zwei Parkplätze für Menschen mit Behinderung gefordert, bei 101 Plätzen sind es drei.

Der § 29b-Ausweis
Salzburger:innen mit Hauptwohnsitz in der Stadt Salzburg, die eine dauernd starke Gehbehinderung haben, können im Sozialministerium Service (Auerspergstraße 67a, Tel. 0662/059988) persönlich oder mittels Formular (www.sozialministeriumservice.at) „Parkausweis für Behinderte“ beantragen. Bei Wegfall der dauernd starken Gehbehinderung muss der Ausweis unverzüglich der ausstellenden Behörde zurückgegeben werden.

Der § 29b-Ausweis ist an die Person mit Gehbehinderung gebunden und nicht übertragbar. Die Gültigkeit erlischt mit dem Tod.

Tipps am Rande
Die österreichischen Ausweise können auch im Ausland verwendet werden, insbesondere in folgenden Staaten: Belgien, BRD, Dänemark, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Jugoslawien, Luxemburg, Niederlande, Norwegen, Portugal, Schweden, Schweiz, Spanien, Türkei, Vereinigtes Königreich (Großbritannien) sowie in Ungarn, Slowakei, Tschechien und Polen. Für andere Länder informieren die Autofahrerclubs (ÖAMTC oder ARBÖ) oder die jeweiligen Botschaft (Konsulat).

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