Wild wuchert die Kunst in der Stadtgalerie Museumspavillon

Donnerstag, 22.04.2021

Bis 2. Juni: David Eisl „Cultivation and Care of Imaginary Plants“

Vorne breiten die Tabakpflanzen ihre üppigen Blätter aus; wenn die erst in Kürze blühen und ihren innigen Duft verbreiten werden, in der Stadtgalerie Museumspavillon!

Der aus Salzburg stammende Künstler David Eisl verwandelt das barocke Vogelhaus im Mirabellgarten in der Ausstellung „Cultivation and Care of Imaginary Plants“ in einen allumfassenden, gemeinschaftlichen Ort des Vegetativen. Darin treffen Natur und Kunst, Geschaffenes und Gewordenes aufeinander, regen Assoziationen und Mehrdeutigkeiten zum Weiter-Sehen an.

In einer raumgreifenden Installation wachsen im zentralen Ausstellungsraum heimische und exotische Kräuter und Gemüsepflanzen in barock anmutender symmetrischer Ordnung, winden sich dennoch subtropische Gewächse und lokale Gurkentriebe in froher Einigkeit um ein Zitat des schrägen „Monuments der Dritten Internationale“. Der russisch sowjetische Avantgardekünstler Wladimir Tatlin hat diesen utopischen Turm als Denkmal für die Revolution entworfen und 1920, allerdings nur als Modell, umgesetzt. Wieder als Zitat und Assoziation grünt das geometrische Kürzel CC mitten im Beet. Die Abkürzung steht für „Creative Commons“ – schöpferisches Gemeingut, das im digitalen Raum zur freien Verwendung lizenziert ist -, und wiederholt sich in offener und noch zu entdeckender Form (die Samenkörndln der Kresse schieben täglich wohl einen Zentimeter an).

Und wer vor der raumfüllenden Grün-Installation steht, kommt nicht um den Blick in den alten Garten herum, der sich mit dem „Schaufenster“ des Museumspavillon in die strikt barock konturierte Kunst-Natur-Landschaft des Mirabellgartens ergibt. Spätestens da kommt der Betrachterin der alte M.C. Escher in den Sinn (aus reiner Freud am Klang seien hier auch die Initialen des niederländischen Künstlers und Erfinders der grafischen Darstellung des Unmöglichen aufgelöst: Maurits Cornelis). Das Auge, die Wahrnehmung kann sich kaum entscheiden zwischen dem Vorne und Hinten, dem naheliegenden neuen Wuchs vor der Nase und dem historischen Garten. Zeit nehmen!

Aber zurück ins Hier und Jetzt: Schon im Foyer erzählt David Eisl von und mit seiner kontinuierlichen Auseinandersetzung mit den Schichten und Formen des (wilden) Pflanzlichen im (geometrisch administrierten) Raum: der streng ins möglicherweise Infinitive zugeschnittene Buchs nebst malerisch plastisch aufgebauten Blättern – oder doch Tortenstücken, histologischen Schnitten?

Der Weg durch Wild Life führt in den stillen dritten Raum der Ausstellung. Und auch hier begegnen sich die Wechselbilder im Auge des Betrachters: Was auf den ersten Blick wie ein Gemälde wirkt, entpuppt sich als minutiöse Collage von herbarisch getrockneten Gräsern, Blättern, Samen, heimlich durchmischt mit gegenwärtig „humanen“ Konstruktionen. Schon der schnelle Blick in den künstlich erschaffenen Dschungel fasziniert; das langsame Hinschauen offenbart die Spannung zwischen dem akkurat perspektivisch gemalten Untergrund und dem anarchisch daraus hervorkeimenden Leben aus getrocknet-gepressten, nichts desto weniger vitalen Blättern, Hölzern und Gräsern. Die machen, was sie – und der Künstler – wollen.

  • Unser Tipp: Bis Anfang Juni immer wieder vorbeischauen um den Wandel zu erleben und: Künstlergespräch und Katalogvorstellung mit David Eisl am 2. Juni, 18 Uhr.

Auf einen Blick:

David Eisl
Cultivation and Care of Imaginary Plants
Stadtgalerie Museumspavillon
Zu sehen bis 2. Juni 2021
Künstlergespräch & Katalogvorstellung am 2.6.21, 18 Uhr

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David Eisl in der Stadtgalerie Museumspavillon: "Cultivation and Care of Imaginary Plants"

Cay Bubendorfer