Tobi Reiser

Biografie als PDF mit Quellen und Literatur:
Tobi Reiser, Dezember 1960

Metzger, Volksmusikant, Ensembleleiter, Gründer des Salzburger Adventsingens

* 1. März 1907 in St. Johann im Pongau

† 31. Oktober 1974 in Kaprun

Straßenbenennung: Tobi-Reiser-Straße, beschlossen am 3. Mai 1983

Lage: Maxglan; vom Haslbergerweg nach Südosten Richtung Glan abzweigend.

 

Tobias Franz Reiser kam am Nachmittag des 1. März 1907 in St. Johann im Pongau zur Welt. Sein gleichnamiger Vater war der dortige Bierführerwirt des Wirtshauses „Zum schwarzen Adler“, der in Söll bei Kufstein geboren worden und dorthin zuständig war. Bevor er im Februar 1906 die Gastwirtschaft im Salzburger Pongau kaufte, arbeitete Tobias Reiser (Vater) im Kohlebergbau in Häring in Tirol, später in einer Zellulosefabrik in Hallein. Hier lernte er Anna Schmid kennen, die ebenfalls aus Tirol, aus Zell bei Kufstein, stammte und deren Vater Andreas Schmid Magazinschreiber bei der Südbahn war. Tobias Reiser und Anna Schmid heirateten am 4. Oktober 1890 in Hallein, aus der Ehe gingen die Töchter Anna, Maria und Tobias hervor. Getauft wurde der Sohn am 7. März 1907 in der Pfarrkirche St. Johann von Kooperator Michael Neureiter, der von 1909 bis 1934 christlichsozialer Abgeordneter des Salzburger Landtags war. Tobias Reisers Taufpate war der „k.k. Bezirksingenieur“ Franz Schiffer. Vom 1. Mai 1913 bis zum 15. Juli 1918 besuchte Tobi Reiser die Volksschule in seinem Heimatort, wo er am 24. Juni 1918 gefirmt wurde. Anschließend absolvierte er vom 16. September 1918 bis zum 9. Juli 1921 die Bürgerschule in Hallein. „Ich müsse ein Handwerk erlernen, bestimmte mein Vater, und schickte mich zu einem Metzger in die Lehre“, so eine autobiografische Aufzeichnung aus späten Jahren. Zunächst als Lehrling, ab 1924 als Geselle wurde er in der Fleischhauerei Bachl in St. Johann beruflich ausgebildet. Nachdem er vom 1. Jänner bis 18. Oktober 1926 im elterlichen Gasthaus in St. Johann mitgeholfen hatte, konnte er eine Anstellung als „Selchergehilfe“ bei Josef Hofer in der Wolf-Dietrich-Straße 17 in Salzburg antreten, wo er auch Kost und Logis bekam. Hier blieb er – unterbrochen durch eine zweimonatige Wanderschaft als Selchergehilfe durch Mitteldeutschland im Sommer 1928 – bis Ende April 1931. Da seine Mutter 1927 gestorben und sein Vater wiederholt krank war, führte er 1931/32 das Wirtshaus in St. Johann, ehe er am 22. März 1932 erneut bei Josef Hofer eintrat. Im Zeitraum von Oktober 1933 bis März 1934 besuchte er einen Buchhaltungskurs am Gewerbeförderungsinstitut. Tobi Reiser legte am 30. April 1934 die Meisterprüfung für das „Handwerksmäßige Gewerbe der Fleischhauer und Selcher“ ab, er blieb bis zum 29. März 1938 bei Josef Hofer. Sowohl Josef Hofer sen. als auch Josef Hofer jun. erhielten nach dem „Anschluß“ eine NSDAP-Mitgliedsnummer aus dem „Illegalenblock“ mit dem Beitrittsdatum 1. Mai 1938.

 

Musikalische Aktivitäten

Tobi Reiser entstammte einer musikalischen Familie und auch im elterlichen Gasthaus war Musik ständig präsent. Geprägt war er zudem von dem aufkommenden Interesse an der Volkskultur. Angehörige der Bildungsschichten aus den Städten gingen um die Jahrhundertwende vermehrt in die ländlichen Regionen, um das ‚wahre‘ Landleben zu erschließen und mündlich Überliefertes schriftlich festzuhalten. Im Bereich der Volksmusik äußerte sich dies beispielsweise durch die Sammlung von Liedern und deren Herausgabe in Liederbüchern. Mit sieben Jahren begann Tobi Reiser Geige zu lernen, seine Schulausbildung in Hallein hing ebenfalls mit seinen umfassenden Musikkenntnissen und Spielfähigkeiten zusammen, bekam er in der zweitgrößten Stadt des Bundeslandes Salzburg doch zusätzlichen Unterricht auf der Gitarre und der Zither. Und in Hallein war er nicht nur im Schülerorchester der Bürgerschule engagiert, sondern auch im „Halleiner Weihnachtsspiel“, das 1903 von Karl Adrian inszeniert wurde. Vier Jahrzehnte später sollte Reiser selbst mit dem Salzburger Adventsingen an diese Tradition anknüpfen. „Die Welt dieser Nachkriegsjahre war für Tobi Reiser eine kurze, aber intensiv erlebte Übergangszeit, in der er in seinem Denken und Empfinden die Musik mehr und mehr zum Inhalt und Ziel seines Lebens machte“, so sein Biograf Walter Deutsch. Mitte der 1920er Jahre gründete Reiser sein erstes Ensemble, das „St. Johanner Quintett“, in dem er 2. Geige spielte, und er lernte Georg „Schorsch“ Windhofer kennen, mit dem ihn eine jahrzehntelange Freundschaft und Spielgemeinschaft verbinden sollte. Im Trachtenverin „D’Sunntagskogler“, der seinen Sitz im elterlichen Gasthaus hatte und laut Selbstverständnis die ländlich-bäuerlichen Traditionen pflegte, war Tobi Reiser 1. Vorplattler und Geiger. Nach dem „Anschluß“ gab er in einem Fragebogen an, 1924 in St. Johann auch dem Deutschen Turnverein angehört zu haben und „darin eine Volksmusik“ geschaffen zu haben. Über ein derartiges Ensemble ist bislang nichts bekannt. Während seiner Ausbildungszeit in Salzburg war Tobi Reiser zunächst Mitglied des Salzburger Gebirgs-Trachten-Vereins „Alpinia“ und Musikant in der Gruppe „Original Salzburger Sänger“, in der er mit seiner späteren Ehefrau Christine Schlögl musizierte. 1933 rief er gemeinsam mit anderen Musikanten und unter Anleitung von Otto Eberhard den „1. Salzburger Volkslied-Vierklang“ ins Leben, der bei einer Reihe bedeutender Volksmusikwettbewerbe auftrat und wegen der beruflichen Herkunft seiner Mitglieder häufig als „Metzger-Quartett“ tituliert wurde. Die Bekanntheit der Gruppe stieg rasch an, wiederholt waren sie in Radiosendungen der RAVAG zu hören. Ende August 1935 wurden sie von Carl Zuckmayr eingeladen, in seiner Wiesmühl in Henndorf vor Arturo Toscanini, Richard Mayr und anderen aufzutreten. Bereits 1934 setzte Tobi Reiser mit der Gründung der „Flachgauer Musikanten“ einen entscheidenden Schritt hin zur Professionalisierung seiner musikalischen Leidenschaft, innerhalb kurzer Zeit stieg die Formation „zur begehrtesten Vorspiel- und Tanzmusik im Land Salzburg und im benachbarten Oberbayern“ auf. Reisers volksmusikalische Aktivitäten beschränkten sich jedoch nicht auf das Musizieren mit eigenen Gruppen. Mit dem Instrumentenbauer Heinrich Bandzauner entwarf er im Winter 1934/35 das chromatische „Salzburger Hackbrett“, mit Otto Eberhard leitete er ab 1935 „Volksliedstunden“ in den Salzburger Landgemeinden, in denen die Bevölkerung zum fröhlichen Mitsingen animiert wurde, und er war ab 1936 als Berater für Volksliedpflege im Landestrachtenverband sowie als Mitglied des 1912 gegründeten Arbeitsausschusses für das Volkslied in Salzburg aktiv, in dem er gemeinsam mit Otto Eberhard und Kuno Brandauer Volksliedsingen im Salzburger Land – so etwa in St. Johann im Pongau, Lofer, Radstadt, Morzg etc. – organisierte. Reiser trat dort auch mit seinen Ensembles auf und wirkte in der Jury mit. Bei den Abenden waren regelmäßig die Bezirkshauptmänner des jeweiligen Gaues anwesend, beim Volksliedsingen 1936 in St. Johann im Pongau konnten die Veranstalter sogar Landeshauptmann Franz Rehrl begrüßen. Und Reiser engagierte sich auch als Dokumentarist, aus seiner Feder stammte jener Teil der vom Ausschuss 1937 herausgegebenen „Salzburger Liederblätter“, der Weisen aus dem Pongau aufzeichnete. „Der persönliche Einsatz Tobi Reisers für alle Belange der musikalischen Volkskultur und sein stets anwachsendes Wissen über Inhalte und Formen dieses Kulturbereiches machten ihn zu einer nicht zu übergehenden Fachkraft“, so Walter Deutsch.

 

Früher Nationalsozialist

So wie der größte Teil der Salzburger Volkskulturszene der Zwischenkriegszeit war auch Tobi Reiser deutschnational sozialisiert und politisiert. Seit Anfang der 1930er Jahre, also mit Mitte 20, war er Mitglied der österreichischen NSDAP und des Nationalsozialistischen Kraftfahr-Korps (NSKK). Im Zuge der Erfassung der österreichischen Nationalsozialisten nach dem „Anschluß“ konnte er keine Angaben zu seinem Beitrittsdatum und seine NSDAP-Mitgliedsnummer machen, auf dem Fragebogen notierte er lediglich „Mitgliedskarte verbrannt“. Kreisleiter Georg Burggaßner bestätigte jedoch Reisers frühe Mitgliedschaft: „Pg. Tobias Reiser ist im Mai 1932 (sic) der Partei in Salzburg beigetreten. Infolge bevorstehender Hausdurchsuchungen hat er seine Mitgliedskarte verbrannt und ist ihm seine Mitgliedsnummer nicht mehr bekannt. Er hat die Bewegung in der Verbotszeit nach besten (sic) Können unterstützt.“ Burggaßner irrte sich in der Jahresangabe, Tobi Reiser trat der österreichischen NSDAP am 1. Mai 1933, also sechs Wochen vor dem offiziellen Verbot, bei und erhielt die Mitgliedsnummer 1.618.817. Dieses Datum wurde auch in einem Schreiben der NSDAP-Ortsgruppe Salzburg-Innere Stadt im Februar 1942 nochmals bestätigt. Bezüglich seiner Mitgliedschaft im NSKK nannte Reiser im Fragebogen für den Reichsnährstand vom Oktober 1938 das Jahr 1931 als Beitrittsdatum. Diese frühen Zugehörigkeiten wurden 1939 auch von Seiten der Partei in einer politischen Beurteilung bestätigt, Reiser sei „seit dem Jahre 1931 in der Bewegung und als einwandfreier Nationalsozialist bekannt“. Reiser selbst führte in besagtem Fragebogen aus: „1931 meldete ich mich beim Motorsturm der NSDAP an und beteiligte mich beim Juliputsch. Sonach stellte ich mich dem illegalen Kulturbund (Prof. Bifrader (sic)) zur Verfügung.“ Ähnlich auch seine Angaben bei der Frage „Waren Sie sonstwie kämpferisch tätig, wo wann?“ – Reiser: „beim Juliputsch“. In ganz Österreich versuchten Nationalsozialisten am 24./25. Juli 1934 die Macht gewaltsam an sich zu reißen, in Wien wurde Bundeskanzler Engelbert Dollfuß in seinen Büroräumen erschossen. In Salzburg waren Lamprechtshausen, Seekirchen und Liefering die Epizentren des Aufstandes. In der zeitgenössischen Berichterstattung tauchte Tobi Reiser nicht im Zusammenhang mit dem Putschversuch auf, bislang konnten keine weiteren Hinweise auf eine Beteiligung Reisers an der Gewaltaktion gefunden werden. Auf die Frage, bei wem er zuletzt die Parteimitgliedsbeiträge bezahlt habe, gab Reiser im gleichen Fragebogen an, dies sei ihm „nicht mehr erinnerlich, zu erfahren durch ehem. Scharführer Sepp Hofmann“. Hofmann war ein in den 1930er und 1940er Jahren ein bekannter und erfolgreicher Salzburger Motorradfahrer, er gewann mehrere Rennen in ganz Österreich. Über eine Verbindung zwischen Reiser und Hofmann in den 1930er Jahren konnte nichts eruiert werden. Die von Reiser selbst ins Spiel gebrachte Verbindung zum Juliputsch könnte möglicherweise in seiner Mitgliedschaft beim NSKK zu finden sein, hatte dieser doch im Umsturzgeschehen eine zentrale Rolle sowohl beim Transport der Putschisten bzw. bei der Fahrbereitschaft, die dann abgesagt wurde, als auch bei Botendiensten gehabt. Quellen, die über einen möglichen Einsatz Reisers in diesem Bereich Auskunft geben könnten, sind jedoch nicht bekannt.

Welche Funktion Tobi Reiser auch immer im Juli 1934 inne hatte, viel bedeutender war sein Wirken im Bereich der musikalischen Volkskultur. „Meine ganze freie Zeit wendete ich dazu auf, auf gesunder volksechter und hauptsächlich nationaler Grundlage, bäuerliche Gesangsgruppen zusammenzustellen. In grosszügiger (sic) Weise nahm ich zum modernen meist jüdischem Tanze Stellung[,] in dem (sic) ich in den Dörfern öffentliche Tanzabende (heimatliche Tänze) veranstaltete“, so Reiser in der kurzen Selbstdarstellung im Fragebogen vom Herbst 1938.

 

NS-Zeit

Obwohl Tobi Reiser seit Mai 1933 Mitglied der Salzburger NSDAP, Ortsgruppe Innere Stadt-Nonntal war und ihm dies – wie oben ausgeführt – auch von Salzburger Parteistellen nach dem „Anschluß“ bestätigt wurde, dürfte er wohl im Zuge der Nach- bzw. Neuerfassung der österreichischen Nationalsozialisten erneut um Aufnahme in die NSDAP angesucht haben. In der Personalnachweisung des Reichsnährstandes, die er im Oktober 1938 ausfüllte, gab er bezüglich seiner NSDAP-Mitgliedsnummer an: „noch nicht bekannt“ Präziser führte er es im dazugehörigen Fragebogen aus: „NSDAP neu seit 1938 Mitglied No. nicht bekannt“. Es liegen zwar keine derartigen Dokumente vor, doch dürfte ihm von der Reichsleitung in München Ende 1938 oder Anfang 1939 seine Mitgliedsnummer, die er im Mai 1933 erhalten hatte, bestätigt und er damit als „alter Kämpfer“ anerkannt worden sein.

Mit dem „Anschluß“ gingen entscheidende berufliche Veränderungen für Tobi Reiser einher. Zum einen übernahm er von Rupert Brunner am 30. März 1938 den Fleischereibetrieb in der Kaigasse 13, unweit seiner Wohnung in der Kaigasse 6, die er zur gleichen Zeit mit seiner Familie bezog. Dies stand offensichtlich in keinem Zusammenhang mit dem politischen Umbruch. Reiser sollte jedoch nur für wenige Monate hinter der Schlachtbank bzw. dem Verkaufstresen stehen, denn nachdem er bereits Mitte Mai 1938 gemeinsam mit Oberlehrer Otto Eberhard zur Betreuung von Volkslied und Volksmusik in die Fachschaft Brauchtum in das von Sepp Piffrader geleitete NS-Kulturamt berufen worden war, trat er mit 1. November 1938 auf Empfehlung von Otto Eberhard, Kuno Brandauer und Kreisbauernführer Michael Friesacher die hauptamtliche Stelle als Volksliedpfleger der Landesbauernschaft Alpenland an. Dies sollte Reiser ermöglichen, von nun an von seiner Leidenschaft auch zu leben, daher ließ er das Fleischer- und Selchergewerbe in der Folge ganz bleiben, sein Eintrag wurde per 16. März 1939 aus dem Register gelöscht. Parallel zu seiner Aufnahme in die Landesbauernschaft wurde Reiser in den Ausschuss des „Ostmärkischen Volkslied-Unternehmens“ aufgenommen, dessen Salzburger Sektion von Kuno Brandauer und seinem Stellvertreter Otto Eberhard als Geschäftsführer geleitet wurde. Als „doppelte Aufgabe“ stellte sich das Unternehmen „der wissenschaftlichen, kritischen Erforschung und Aufsammlung des österreichischen Volksliedes, der Volksmusik einschließlich des Volkstanzes und der praktischen volkstümlichen Pflege des Volksliedes. Es wird im Sinne des nationalsozialistischen Gedankengutes mit allen jenen Gliederungen der Partei, die Volkstumsarbeit betreiben, zusammenarbeiten.“ In einem Brief an den Volkstanzforscher Raimund Zoder in Wien beschrieb Otto Eberhard seinen Musikkollegen Reiser als einen „volksverbundene[n] Mann“, „dessen Lebensaufgabe darin besteht, Lied, Musik und Tanz des Volkes im Auftrag der Partei und in Verbindung mit dem Gauausschuß des ‚Ostmärkischen Volksliedunternehmens‘, dessen Geschäftsführer ich nunmehr bin, zu betreuen“.

Im Mai 1938 übertrug der Reichssender München live einen Volksmusikabend aus Grödig, der unter dem Motto „Salzburger Land – Salzburger Leut“ stand und den Tobi Reiser und Otto Eberhard verantworteten. Unter den Gästen befanden sich auch Sepp Piffrader als Leiter des NS-Gaukulturamtes und Michael Friesacher als Kreisbauernführer. Wie das „Salzburger Volksblatt“ zu berichten wusste, war die Übertragung einer derartigen Veranstaltung im Jahr zuvor – sie war unter dem Titel „Hoamgarten beim Spererbauern“ geplant – durch die Wiener Ravag aus politischen Gründen verboten worden. In dem nicht gezeichneten Zeitungsbericht sah der Redakteur die Schuldigen dafür nicht nur in der Vaterländischen Front. „Die Wiener Juden hatten sich damals durch ihr Sprachrohr, den ‚Telegraphen‘, das Stückchen geleistet, in einer breiten Schlagzeile zwischen Nachrichten von Morden, Sittlichkeitsverbrechen usw., die ‚anständige Bevölkerung des Schutzes vor dem Anschlage der Nazi auf die Ravag zu versichern‘, da ja ‚die Ravag-Wien keine Plattform für die Nazi ist und die Bevölkerung vor den Darbietungen dieser Leute verschont bleiben will.‘“ Der Konflikt mit der Ravag eskalierte nur wenige Wochen später, als Kuno Brandauer eine „Erwiderung“ im „Salzburger Volksblatt“ zur Berichterstattung über das 6. Volksliedsingen in Zell am See vom 2. Oktober 1937 und die bevorstehende Volkslied-Veranstaltung am 17. Juli 1938 ebendort, die die Ravag ohne vorherige Einbeziehung der zuständigen Salzburger Stellen organisierte, veröffentlichte. Der Beitrag, der den aufopferungsvollen Einsatz der Salzburger für das Volkslied in den zurückliegenden Jahren thematisierte, war auch von Otto Eberhard und Tobi Reiser gezeichnet. „Diese Arbeit konnte mangels jeder staatlichen Unterstützung nur durch die Selbstlosigkeit aufrechter deutscher Männer geleistet werden, bei denen beim Umbruch keine Umstellung wie bei der Ravag-Wien nötig war, da sie immer im nationalsozialistischen Sinne geführt und deshalb auch von der Systemregierung überwacht wurde, die an der Sache selbst nichts, aber dafür desto mehr an den Sängerinnen und Sängern (…) auszusetzen hatte. Die Verjudung der Ravag, deren Programm vielfach auf die 250.000 österreichischen Juden zugeschnitten war, war der Provinz schon lange ein Dorn im Auge.“ Dass der Salzburger Arbeitsausschuss für das Volkslied nicht in die Planung der aktuellen Veranstaltung einbezogen worden war, empfanden Brandauer, Eberhard und Reiser als Affront, sie verweigerten die Teilnahme. „Man möge uns diese Verfügung, die im Interesse der Weiterarbeit des Volksliedausschusses erfolgt ist, nicht gram sein.“ Die Reaktion aus Wien kam postwendend an Tobi Reiser privat: „Durch ihren dummen und unüberlegten Angriff im Salzburger Volksblatt vom 12. Juli 1938 gegen den Reichssender Wien, haben Sie jede Zusammenarbeit mit uns zerschlagen. Wir verzichten auf Ihrer fernere Mitarbeit und betrachten alle laufenden Verträge als gelöst.“ Unmissverständliche Töne kamen in dieser Angelegenheit auch aus dem Büro des Salzburger Gauleiters Friedrich Rainer. Die „Salzburger Zeitung“ brachte am 14. Juli in ihrem Kulturteil die kurze Einschaltung „Zum Volksliedsingen in Zell am See“, die auf die Angriffe von Brandauer-Eberhard-Reiser Bezug nahm: „Der Gauleiter kann sich mit dem Inhalt dieses Artikels nicht einverstanden erklären. Die Schreiber scheinen übersehen zu haben, daß der Sender Wien seit 12. März d. J. ein nationalsozialistischer Reichssender geworden ist. Aus diesem Grund erwartet der Gauleiter, daß dieses Volksliedsingen am 17. Juli in Zell am See nicht unter einem schwachen Besuch leidet, sondern im Gegenteil von vielen Volksgenossen besucht wird.“ Konsequenzen für die drei Verfasser gab es offensichtlich keine und auch dem Wirken Reisers und seiner Kolleg*innen tat der Angriff keinen Abbruch, sie orientierten sich in der Folge nach Bayern und arbeiteten mehrfach und äußerst erfolgreich mit dem Reichssender München zusammen. Ein Dreivierteljahr später löste Tobi Reiser im „Salzburger Volksblatt“ die Andeutungen bezüglich der abgesagten Veranstaltung 1937 für die uninformierten Leser*innen auf: „Ich erinnere an den ‚Hoamgarten beim Spererbauern‘, eine Schallplattenaufnahme der Ravag aus Grödig, die nur deshalb dann nicht gesendet wurde, weil die Sänger, wie man nachträglich daraufkam, Wöllersdorf-Insassen waren. Den Seekirchner Sängern wurde die Teilnahme am Volksliedsingen in St. Johann nur deshalb verboten, weil sie alle als ‚Nazi‘ bekannt waren. (…) Unsere Volksliedabende standen bekanntlich stets unter Kontrolle der Kriminalpolizei. Wir sind aber auch glücklich, behaupten zu können, daß gerade in den nationalen Kreisen die Sangesfreude, die Liebe zu unserem Brauchtum, Lied und Tanz am meisten vorherrschte, (…).“

Wie groß die Bedeutung von Tobi Reiser im Bereich der Salzburger Volkskultur war, wird an einer Episode aus dem Frühjahr 1939 ersichtlich. Als er mit März 1939 als Sachbearbeiter in eine andere Verwendungsgruppe innerhalb der Landesbauernschaft überstellt werden sollte, regte sich aus der Reichshauptabteilung des Reichsnährstandes in Goslar fachlicher Widerstand gegen diese Pläne. Die Landesbauernschaft Alpenland sah sich daher im Juli 1939 gezwungen, Reisers Aufgabengebiet und seine Leistungen der vorgesetzten Behörde ausführlich darzulegen: „Tobias Reiser bearbeitet (…) die Fragen der Wohn- und Kleidungskultur, des Brauchtums, der Ausgestaltung der ‚Spinnstuben‘ usw. Er bringt auf Grund einer vieljährigen Tätigkeit auf diesem Gebiet die besten Voraussetzungen mit und hat auch bereits in den wenigen Monaten seiner Tätigkeit außerordentliche Erfolge erzielt. Reiser ist bereits an allen Stellen als der zuständige Fachmann in allen Fragen des Brauchtums im Lande Salzburg anerkannt. Es ist ihm sogar von der DAF. das Recht eingeräumt worden, die Tätigkeit der Amtswalter für Feierabendgestaltung in den Gemeinden zu kontrollieren und auf die Besetzung dieser Stellen Einfluß zu nehmen. Auf diese Weise hat er der Landesbauernschaft in den Fragen der bäuerlichen Kultur und des Brauchtums eine Vorrangstelle gegenüber allen Organisationen, die auf eine Mitarbeit auf diesem Gebiet Anspruch erheben, errungen. Sein Ausscheiden würde eine empfindliche Schwächung dieser Stellung zur Folge haben.“

Volkskultur unter NS-Vorzeichen

In seiner Arbeit als Volksliedpfleger konnte Tobi Reiser das fortführen, was er seit mehr als einem Jahrzehnt tat: Das alte musikalische Brauchtum Salzburgs und Oberbayerns erforschen, niederschreiben, weiterentwickeln und weitergeben. Eine erste Bewährungsprobe erwartete ihn drei Wochen nach Antritt seines Amtes: Er führte im November 1938 die Riege jener Sangesformationen aus der „Ostmark“ und dem kurz zuvor annektierten Sudetenland an, die zum „6. Reichsbauerntag“ nach Goslar eingeladen wurden. In der von Reichsbauernführer Walther Darré zur „Reichsbauernstadt“ erwählten Stadt in Niedersachsen inszenierte und zelebrierte das „Dritte Reich“ die Eingliederung der „Ostmark“ und des Sudetenlandes mit der Darstellung ihrer bäuerlichen Volkskultur. Tobi Reiser berichtete für das „Salzburger Volksblatt“ von der Reise der „Grödiger Buam und Dirndln“ und der Pongauer Spielmusik aus St. Johann nach Goslar. Ein halbes Jahr später konnte er die gewonnenen Erfahrungen in der publikumswirksamen Präsentation kultureller Darbietungen nunmehr im eigenen Gau umsetzen, als er neben Kuno Brandauer und Otto Eberhard für das „8. Salzburger Volkssingen“ in Radstadt verantwortlich zeichnete, das am 20. und 21. Mai 1939 vom „Gauausschuß Salzburg des Ostmärkischen Volkslied-Unternehmens“ veranstaltet wurde. Acht Tage nach dem „Volkssingen“ trat Tobi Reiser zu Pfingsten 1939 beim „2. Alpenländischen Liedersingen“ im oberbayerischen Aschau auf. Er übernahm dort auch für den erkrankten Kiem Pauli die Funktion des „Ansagers“, also des Moderators der Veranstaltung, und unterzeichnete schließlich gemeinsam mit den Gemeindevertretern von Aschau die Urkunden für die Teilnehmer*innen.

Der nationalsozialistische Staat förderte Tobi Reisers Umtriebigkeit aus ideologischen Gründen, brachte er mit seiner Arbeit doch die „Blut-und-Boden“-Ästhetik via die Volkskultur bis in das kleinste Dorf des „Dritten Reiches“. „Wieviel Schönes liegt in der Aufgabe, die uns der Nationalsozialismus des großdeutschen Vaterlandes gestellt hat, die Eigenart unseres Volkes zu bewahren. Vergessen wir endlich nicht, daß ein echtes Brauchtum auf seinen Pfleger zurückwirkt. Es ist heute vielfach zum Hort und Halt des volkstümlichen Wesens geworden, und wir verbinden damit ein Bekenntnis zu Heimat und Volk, es ist Widerspruch gegen alle modische Gleichmacherei und volksfremden jüdischen Ballast, die von überall in der Welt, aber nicht aus unserer Art kommen. Schon viel an altem Brauch ist verlorengegangen. Um so sorgsamer müssen wir mit dem umgehen, was noch echt von der Wurzel aus lebt. Wir haben besonders dafür zu sorgen, daß Brauchtum, Lied und Tanz einen neuen Wert und Sinn bekommen“, so Tobi Reiser in einem programmatischen Artikel in der „Salzburger Landeszeitung“ im Jänner 1939. Mit seinem volksmusikalischen Wirken festigte Tobi Reiser also jenes soziale Konstrukt, das die NS-Führung als ‚Volksgemeinschaft‘ titulierte und in dem es alle ‚blutmäßigen Deutschen‘, die politisch konform gingen, vereinte. In diese Richtung wies auch der Titel eines Artikels von Reiser im „Salzburger Volksblatt“ vom 29. August 1938: „Salzburg in der Pflege des Volkstums allzeit voran“. In diesem umfassenden Beitrag stellte er die volkskulturellen Leistungen des Reichsnährstands seit dem „Anschluß“ dar. „Im Einvernehmen mit dem Gauleiter hat der Reichsnährstand im Gau Salzburg die Pflege bäuerlichen Brauchtums in die Hand genommen, um dem Leben auf dem Lande mehr Inhalt und Freude zu geben.“ Reiser berichtete von den Singtagen, dem Familien- und Heimgesang, Landjugendlagern, Volkslied- und Tanzabenden, „bäuerliche[n] Rundfunksendungen“, der Wiederbelebung alter Volksbräuche usw. „Bei der Volkstanzpflege ging man davon aus, artfremde und undeutsche Tänze zu entfernen und dafür die gaumäßigen Tanzformen zu beleben.“ Bereits Anfang 1940 zog das „Salzburger Volksblatt“ ein sehr positives Resümee von Reisers ideologietreuer Arbeit: „Volkslied und Volksmusik haben nun überall, in der Stadt und auf dem Land, im Betrieb und in der Familie, ihren verlorenen Boden wieder gewonnen und die artfremde Musik fast gänzlich ausgerottet. Dies ist in erster Linie den unermüdlichen Vorkämpfern zu danken, die in vieljähriger zäher Arbeit sich für die Volkskultur eingesetzt haben. Das Deutsche Volksbildungswerk der Landesbauernschaft (Tobi Reiser) veranstaltet eine Reihe von Volkslied- und Volksmusikabenden, deren Hauptzweck darin liegt, durch praktische Beispiele aufzuzeigen, wie die bodenständige Musik gespielt und gesungen werden soll.“

Zu einer der zentralen Aufgaben von Tobi Reiser gehörte es, im Gau Salzburg Tanz-, Sing- und Musikantengruppen zu gründen und anzuleiten. So zeichnete er beispielsweise seit Oktober 1938 für Tanz-, Spiel- und Singabende in der Landwirtschaftsschule Winklhof bei Oberalm verantwortlich, an denen rund 70 Schüler*innen teilnahmen. Um ein gemeinsames Repertoire zu haben, gab er mit Otto Eberhard im Juli 1939 „20 Volkstänze aus dem Gau Salzburg“ heraus. Im Vorwort führte Reiser aus: „Die erhöhte Pflege des Volkstanzes steht unter der kulturellen Aufgabe der NSDAP. Seine Wiedereingliederung in unser Kulturleben wird schon seit Jahren versucht, läßt aber noch die notwendige Breite vermissen. Die Volkstanzpflege darf nicht immer in der Jugendbewegung stecken bleiben, und es muß selbst gegen die Tanzlehrer, die heute aus Geschäftsgründen alle ‚üblichen‘ Tänze lehren, ein Vorstoß gemacht werden, sollen die kulturellen Parteigrundsätze nach dem Wunsch und Willen unseres Führers zu Nutz und Frommen der Volksgemeinschaft mit Erfolg verwirklicht werden. In diesem Sinne möchte auch diese Tanzsammlung einen kleinen Beitrag hiezu leisten.“

Von Dezember 1939 bis November 1942 verantwortete Tobi Reiser außerdem gemeinsam mit Cesar Bresgen 36 Folgen der „Salzburger Musikblätter“, deren pädagogische Breitenwirkung von Otto Eberhard rückblickend in einem Zeitungsbericht 1944 lobend hervorgehoben wurde: „[N]ach dem Umbruch setzte, veranlaßt durch den Brauchtumspfleger der Landesbauernschaft Alpenland, Tobi Reiser, und die von Prof. Cesar Bresgen herausgegebenen ‚Salzburger Musikblätter‘ allenthalben eine rege Volksliedpflege ein, an der auch die Schulen besonderen Anteil nahmen.“ Tobi Reiser zeichneten also nicht nur seine Fähigkeiten als Musiker und Volksmusikforscher aus, er war auch ein begeisternder Pädagoge, dessen Können auch in der institutionalisierten Musikerziehung gebraucht wurde. Im Zuge der Aufwertung des Konservatoriums Mozarteums im Herbst 1939 wurde aus der städtischen Musikausbildungsstätte eine dreigliedrige Institution, deren unterste Ebene die von der NS-Regierung neu entwickelte „Musikschule für Jugend und Volk“ darstellte. Unter der Leitung von Cesar Bresgen und mit der Hitlerjugend als tragende Säule wurde Musik bzw. Musikerziehung als Mittel der Propaganda und der Schaffung von Gemeinschafserlebnissen eingesetzt. Hier nun fand Tobi Reiser ein breites pädagogisches Betätigungsfeld, er unterrichtete ab 1. Oktober 1939 die Fächer Volksliedsingen und Hackbrett. Im Rahmen seiner Arbeit für die „Musikschule für Jugend und Volk“ knüpfte er nicht nur an seine „Volksliedstunden“ an, sondern war auch für die Schaffung von sogenannten Dorfmusikschulen und deren Belieferung mit Musikinstrumenten verantwortlich. Als er im März 1941 zur Wehrmacht einrückte, übernahm sein Musikerkollege Franz Peyer den Hackbrett-Unterricht.

 

Teilzeitsoldat

Tobi Reiser heiratete am 6. Februar 1940 auf dem Standesamt der Gauhauptstadt Salzburg Christine Sophia Maria Brandauer, verwitwete Schlögl, die zwei Kinder – Josef und Margarete/Grete – in die Ehe mitbrachte. Der 1925 geborene Josef „Pepi“ Schlögl-Reiser, ebenfalls begeisterter Volksmusikant, wurde im August 1943 zum Reichsarbeitsdienst und im September zur Wehrmacht einberufen, er fiel im Juli 1944 an der Westfront. Bereits zweieinhalb Jahre vorher, am 3. März 1941, musste Tobi Reiser zur Fliegerhorstkompanie A des Luftwaffenkommandos Mähren in Proßnitz (heute Prostějov) einrücken, wo er von seinem Kompaniechef zum Singlehrer des Fliegerhorstes eingeteilt wurde. „Ich stellte auch ein vorzügliches Volkslied-Männerquartett zusammen und leitete eine kleine Kapelle“, so Reiser in einer handschriftlichen Aufzeichnung nach 1945. Mit seinem Ensemble wirkte er u. a. bei mehreren Radiosendungen des Reichssenders München mit. In dieser Zeit wurde er für Kulturfilmprojekte dienstfrei gestellt, die dem Kinopublikum des „Großdeutschen Reiches“ das alpenländische Landleben und die Volkskultur vermitteln sollten, so etwa im Film „Dorfmusik“. „Die stilisierte und idealisierte Form der Darstellung und deren filmische Realisierung orientierten sich an der damals bevorzugten Gestaltungsart der Kulturfilme Leni Riefenstahls.“ Die von der „Wien-Film“ hergestellte Produktion erhielt bei der „Reichswoche für den deutschen Kulturfilm“ in München, für deren Besuch Reiser erneut dienstfrei gestellt wurde, den „Preis für den besten Film des Jahres aus dem Themenkreis Volkskultur“. Die „Wien-Film“ plante bereits weitere Arbeiten, für die sie Tobi Reiser unbedingt benötigte, wie aus einem Schreiben an die Berliner Filmzentrale deutlich wird: „Die Situation ist heute die, daß wir für unsere Filme des bäuerlichen Milieus keine geeigneten Sachberater haben und auch außer Herrn Reiser ein solcher nicht vorhanden ist. Wir bitten Sie alles daranzusetzen, daß uns der eine Mann, der für diese Filme unbedingt notwendig ist, freigegeben wird.“ Reiser arbeitete an weiteren Filmprojekten, u. a. „Bauernsingen“, „Der Bergbach“ und „Holzzieher“. Lediglich Letzterer wurde schließlich fertiggestellt, Reiser, der von der Mitgliedschaft in der Reichsfilmkammer befreit war, erhielt als Sachberater und Mitarbeiter ein Honorar von 1.000,- RM.

Bereits mit 1. November 1941, also acht Monate nach seinem Einrücken zur Luftwaffe und nach mehreren Freistellungen, wurde Tobi Reiser für eine mehrwöchige NS-Kulturpropagandareise nach Bulgarien uk gestellt. In einem Bericht über die Reise ging Reiser auch auf die Geschichte Bulgariens und sein Verhältnis zu Deutschland ein: „60 Jahre ist dieses Land erst vom türkischen Joch befreit, und nur sein heldenhafter Kampf um die Heimat hat es zu einem freien Bulgarien gemacht. Aus diesem Lebenskampf, den dieses Volk mitmachen mußte, lernte es die Treue kennen und die Treue des deutschen Volkes schätzen. Selten sahen wir das Bild ihres geliebten Königs in Wirtsstuben, Sälen und Wohnungen aufgehängt, wo nicht das Bild unseres Führers nebenbei angebracht war.“ Reisers Resümee dieser Reise: „Und so sind wir in unsere Heimat zurückgereist, mit vielen Eindrücken und Erfahrungen reicher. Das eine ist uns allen bei unserer Fahrt nach Bulgarien klar geworden, daß dieses Volk durch seine bescheidene Lebensweise und seinen heldenhaften Freiheitskampf würdig ist, ein treuer Freund unseres großen deutschen Vaterlandes zu sein.“

Anfang Februar 1942 erhielt Reiser den Einberufungsbefehl für die Fliegerkommandantur in Tulln in Niederdonau, im Juli wurde er von dort nach Lambach in die Hauptmunitionsanstalt 1 des XVII. Armeekorps mit Standort in Stadl-Paura versetzt, wo er als Leiter von vier Küchen weiterhin für die musikalische Betreuung der Truppen zur Verfügung stand. In dieser Funktion kam er auch mit den dort tätigen ausländischen Zivil- und Zwangsarbeitern der Munitionsfabrik in Kontakt. Am 1. September 1942 wurde er zum Unteroffizier der Reserve befördert.

Im Sommer 1942 sandte der Leiter der Außenstelle Süd-Ost des SS-Ahnenerbes, der Volkskundler Richard Wolfram, einen Bericht an die Ahnenerbe-Leitung, in dem er seine Zufriedenheit kundtat, dass sich „in Salzburg auf volkskundlichem Gebiet ein völliger Umsturz vollzogen habe“, dass nämlich die entsprechenden Kompetenzen aus den Händen von Karl Springenschmid und Helmut Amanshauser nun an Kuno Brandauer und Tobi Reiser übergegangen waren. Die „Aussichten für die Volkstumspflege in dem industriell kaum beeinträchtigten Gau Salzburg“ seien Wolfram zufolge „so gut wie noch nie“. Institutionalisiert wurde dieser Schritt Ende 1942 mit der Gründung des Salzburger Heimatwerks, dessen ideologische Ausrichtung klar auf der Stärkung des Heimatbrauchtums ausgerichtet war und das damit als kulturelle Waffe im Krieg definiert wurde. Tobi Reiser wurde zum „Beauftragten für die Volksmusik“ ernannt. Ob er, der zu diesem Zeitpunkt ja in der Wehrmacht diente, im Rahmen des Heimatwerks Initiativen setzte, ist offen.

 

Reisers Zeitungsartikel: „bodenständig“ versus „artfremd“

Mehrfach publizierten Salzburger Zeitungen Beiträge aus der Feder von Tobi Reiser, die zumeist volkskulturellen Inhalts, dabei aber immer linientreu und durchaus angriffig formuliert waren. Im Mai 1939 schrieb er über alte Volksbräuche im Pinzgau, deren Pflege helfen sollte, „damit den Kräften und Einflüssen, die vom Land zur Stadt ziehen, Einhalt geboten werden kann“. Eindeutig politischer waren die Aussagen, die er bei seiner Darstellung „Aperschnalzen oder Flur-Erwecken im Vorlande und im Rupertiwinkel“ brachte, als er über die Jahre vor 1938 – „der für die Grenzbewohner verspürbaren Zeit der aufgezwungenen Zwiespalte“ – ausführte: „Brauchtum, Lied und Volksmusik dulden keine Grenzen, die Menschen errichtet hatten, denen die Einheit und Geschlossenheit im großdeutschen Vaterlande ein Dorn im Auge war. Die Sprache, das Lied und der Brauch sind viel stärkere Ausdrücke eines Volkes, als all die Theorien der haßerfüllten Staatsmänner und Politiker, die in ihrer Einfalt glauben, Grenzen so setzen zu können, wie es ihnen in den Kram paßt. Daß sie aber gerade im Volksbrauch, im Glauben des deutschen Menschen an seine Heimat und Scholle das größte Hindernis erblickten, war wohl der Beweis dafür, daß sie uns 1918 mit allen Mitteln, mit jüdischem Gift, kulturell Artfremdes aufzwingen wollten, um uns die beste Waffe, die ein Volk besitzen kann, aus der Hand schlagen zu können. Wir geben ihnen aber 1940 den Beweis dafür, daß wir unser Heimatbrauchtum um so lieber pflegen und daß die innere Front mit Opfer und Krieg den festen Willen hat, den deutschen Bauernbrauch erst recht voranzustellen, damit ein segenreicher Sommer uns Stall und Scheune füllt.“ Nachdem er eingerückt war, druckte das „Salzburger Volksblatt“ wiederholt Artikel mit der Überschrift „Aus dem Fliegerhorst schreibt uns Tobi Reiser“. Am 3. Juni 1941 lobte Reiser die volkskulturelle Arbeit in seinem „Heimatgau“, von der ihm Nachrichten überbracht worden war, unterstrich ihre Bedeutung und blickte auf die vermeintlich schwierigen Jahre der Brauchtumspflege nach dem Ersten Weltkrieg zurück. „Was war alles am Werk, dem deutschen Volke dieses Erbgut zu nehmen! Jüdisch internationales Lied, Musik und Tanzgut wurden auf uns losgelassen, in Literatur, Theater, Kino und anderen Kunstzweigen wurde das Gift eingeflößt, und noch heute haben wir an diesen Erkrankungen zu heilen. Unser Führer hat es als eine vordringliche Arbeit gehalten, hier reinen Tisch zu machen, und wir können durch deutsches Wesen dazu beitragen, daß sich unser Großdeutschland wieder von allen anderen Nationen heraushebt, wenn wir unser Volkstum pflegen und hegen. (…) ‚Fein sein, beinander bleiben‘. Dann kann uns nichts fehlen. ‚Treu sein, nit ausi gras’n.‘ Und diese Treue verlangt unser Führer, und wir alle wollen sie ihm halten, bis der Endsieg uns wieder in die Heimat zurückbringt. Und das steht dann auch fest, daß wir mit doppelter Kraft unser schönes Erbgut hüten wollen, damit es uns nie verloren geht!“ Weniger als drei Wochen später startete Hitler den Angriffskrieg gegen die Sowjetunion.

 

Entnazifizierung

Im November 1944 – die Bombenangriffe der Alliierten auf die Stadt Salzburg hatten wenige Wochen zuvor begonnen – wurde Tobi Reiser als Schreiber dem Sprengunterkommando Salzburg, das im Hotel Stein stationiert war, für den Entminungsdienst zugeteilt. Er war für die Registrierung und Entschärfung der Blindgänger zuständig. Auch die Familie Reiser selbst war von den Bombenangriffen betroffen, ihre Wohnung in der Kaigasse 6 wurde bereits am 26. Oktober schwer beschädigt, Christl Reiser-Schlögl übersiedelte in ihr Elternhaus nach Fürstenbrunn, während Tobi Reiser und seine Stieftochter Grete, die als Köchin, Wäscherin und Putzerin dem Sprengkommando ihres Vaters zugeteilt war, in der schwer in Mitleidenschaft gezogenen Wohnung blieben. Nach Kriegsende gingen beide ebenfalls nach Fürstenbrunn, wo Tobi Reiser als landwirtschaftlicher Helfer auf dem Bauernhof seines Schwiegervaters Gottfried Brandauer arbeitete.

Formell war Tobi Reiser zu Kriegsende noch immer Angestellter der Landesbauernschaft Alpenland, der er seit 1. November 1938 angehörte. Aufgrund seines Wehrdienstes war sein Dienstverhältnis seit 3. März 1941 ruhend. Mit 30. September 1945 wurde die Landesbauernschaft nun aufgelöst und Reiser gekündigt, die Behörden führten ihn fortan als Helfer im familiären Landwirtschaftsbetrieb in der Gemeinde Grödig. Dort registrierte sich Tobi Reiser ordnungsgemäß am 20. Mai 1946 als ehemaliger Nationalsozialist und gab an, von 1939 bis zu seinem Eintritt in die Wehrmacht Mitglied der NSDAP gewesen zu sein, sonst jedoch keiner Gliederung angehört zu haben. Nach seiner Rückübersiedlung in die Stadt Salzburg registrierte er sich hier im September 1946 erneut, nunmehr gab er an, „ca. November 1938“ um die Mitgliedschaft angesucht zu haben und „bis Kriegsende, eingerückt 10. III. 41“, Mitglied gewesen zu sein. Und schließlich präzisierte er im Zuge der Neuregistrierung nach dem Verbotsgesetz 1947 seine Angaben nochmals. In einem amtlichen Fragebogen gab er den Jänner 1939 als Beitrittsdatum an, laut seinen Ausführungen in einem weiteren Meldeblatt war er von „Herbst 38 bis Anfang 39“ Parteianwärter und von „Anfang 39 bis Ende“ NSDAP-Mitglied, seine Nummer war ihm „nicht bekannt“. Diese Erklärung gab Reiser am 19. Jänner 1948 bei der Registrierungsbehörde ab, er war aber bereits am 4. November 1947 vom Stadtmagistrat als „minderbelastet“ eingestuft worden. Dies bestätigte der zuständige Beamte noch am gleichen Tag, indem er den Stempel „Minderbelastet gemäß § 17, Abs. 3 VG 1947“ auf das Meldeblatt drückte.

Parallel dazu ermittelten auch die österreichische Bundespolizei und die US-amerikanischen Besatzungsbehörden. Bereits mit 28. Jänner 1947 leitete das Landesgericht Linz als Volksgericht ein Verfahren nach §§ 8, 10 des Verbotsgesetzes (illegale NS-Tätigkeit und Falschregistrierung) gegen Tobi Reiser ein, da eine Kopie des Personalfragebogens vom Mai 1938 Reisers NSDAP-Mitgliedschaft seit 1932 bzw. 1933 bestätigte, er selbst in allen drei Registrierungsbögen jedoch 1939 angegeben hatte. Diese Kopie erhielt auch das Office of Military Government, De-Nazification Section, die es wiederum im Dezember 1947 an den Magistrat als Registrierungsbehörde I. Instanz weiterleitete, der wenige Wochen zuvor Reiser als minderbelastet eingestuft hatte. Eine Anfrage des Linzer Landesgerichts an das Bundesministerium für Inneres ergab, dass dort kein Gauakt zu Reiser vorliege und er laut Auskunft der Gemeinde Grödig seit 1939 Mitglied der NSDAP gewesen wäre. „Andere Aufzeichnungen liegen über R. dzt. ho. nicht vor.“ In der Folge stellte das Landesgericht Linz das Verfahren gemäß § 109 der Strafprozessordnung (Einstellung durch den Untersuchungsrichter) ein. Ein letztes Mal griff die Salzburger Landesregierung die Causa Reiser im März 1949 auf, indem sie dem Stadtmagistrat als Registrierungsbehörde I. Instanz die Kopie der De-Nazification Section über die frühe Parteimitgliedschaft Reisers mit der „Bitte um Kenntnisnahme und allfällige Wiederaufnahme des NS-Registrierungsverfahrens“ übermittelte. Der Magistrat teilte unmissverständlich – und wohl auch im Sinne der Landesregierung – mit, dass Reiser „mit 4. 11. 1947 als Minderbelasteter verzeichnet“ und das Verfahren in Linz eingestellt worden sei. „Da somit die Zugehörigkeit des Reiser zur NSDAP während der Verbotszeit, sowie die Falschregistrierung gerichtlich überprüft wurde und dieses Verfahren eingestellt worden ist, ist anzunehmen, daß die Angaben des Obgenannten im Personalfragebogen der NSDAP nicht stichhaltig waren bzw. von Reiser widerlegt werden konnten.“ Daher werde auch das „Registrierungsverfahren als abgeschlossen betrachtet“ und die Einstufung als Minderbelasteter „als zu Recht bestehend anerkannt“. Damit war Mitte März 1949 das Kapitel der Entnazifizierung Tobi Reisers endgültig geschlossen.

 

Nachkriegszeit

Unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg belebte Tobi Reiser seine Formation der „Flachgauer Musikanten“ wieder, nachdem sie im Laufe des Zweiten Weltkriegs nicht mehr spielfähig waren. Im Oktober 1945 traten sie bei einem Volksliederabend im Kinosaal von Hallein erstmals auf. Es schien, als könnte Tobi Reiser ohne größere Verwerfungen an seine Rolle während der NS-Zeit – nunmehr unter österreichischen Vorzeichen – anknüpfen, als er am 26. November 1945 zum Geschäftsführer des „Salzburger Heimatwerks – Genossenschaft bäuerlicher Handwerker“, das in der Neuen Residenz untergebracht war und nunmehr auch den Verkauf von Handwerkskunst und Trachtenstoffen besorgte, bestellt wurde. Doch seine NS-Vergangenheit holte ihn unmittelbar ein, aufgrund der Schwere der Vorwürfe und des Verfahrens vor dem Volksgericht in Linz musste Reiser seine Funktion im Heimatwerk zunächst zurücklegen. Erst nach Abschluss seiner Entnazifizierung konnte er erneut die Leitung des Heimatwerks übernehmen. Jedoch bereits Zu Jahresende 1948 wurde Tobi Reiser „für die praktische Arbeit im Salzburger Heimatwerk“ als einer von 23 Kulturschaffenden von Landeshauptmann Josef Rehrl im Chiemseehof empfangen.

Den Beginn von Tobi Reisers öffentlicher Wahrnehmung weit über den Kreis der Salzburger Volksmusik und der lokalen Volkskultur hinaus stellte eine schlichte Feier im Advent 1946 dar, die er gemeinsam einigen Freunden im Volksheim am Rudolfskai (heute Institutshaus für Gesellschaftswissenschaften der Universität Salzburg) organisierte. „Als sich im Advent 1946, mitten in der Not und Armut der Nachkriegszeit, eine Handvoll Spielleute und Sänger zu einer Adventstunde zusammenfanden, ertönten neben Musik und Lied auch Worte des Trostes und der Hoffnung. Wir hatten sie ja damals wirklich nötig“, so Reiser in einem Rückblick auf die Anfänge des Salzburger Adventsingens, das sich in kurzer Zeit zu einem Publikumsmagneten entwickelte. Im Jahr 1950 übersiedelte die Veranstaltung vom Rudolfskai in den Kaisersaal der Residenz, zwei Jahre später in die Große Aula der Universität. Erstmals wirkte nun auch der Salzburger Schriftsteller Karl Heinrich Waggerl mit, der ähnlich Tobi Reiser eng ins NS-Kulturleben und ihre Politik verstrickt gewesen war. Der überwältigende Publikumserfolg ließ das Salzburger Adventsingen 1960 schließlich in das neu erbaute Große Festspielhaus übersiedeln, wo es noch heute alljährlich stattfindet und ein zentraler kultureller, touristischer und damit auch wirtschaftlicher Faktor des Advents in der Stadt Salzburg ist.

1953 gründete Tobi Reiser das „Tobi-Reiser-Quintett“, im September 1954 startete er das Konzertprogramm „Mozart und die Volksmusik“ bei den Salzburger Schlosskonzerten.

1960 publizierte er im Eigenverlag die Volksliedersammlung „Die ersten 25“, nur drei Jahre später folgen „Die zweiten 25“, nunmehr im Musikverlag Josef Preißler in München verlegt, und 1971 schließlich „Die dritten 25“ erneut im Eigenverlag.

 

Tobi Reiser erhielt zu Lebzeiten zahlreiche Ehrungen, darunter 1963 das Goldene Verdienstzeichen für Verdienste um die Republik Österreich, 1966 den Ehrenring des Landes Salzburg und die Goldene Medaille des Bayerischen Rundfunks und im Jahr seines 60. Geburtstages 1967 das Goldene Volksmusikabzeichen der Salzburger Heimatpflege. 1971 nahm er die Silberne Ehrenmedaille für besondere Verdienste um die Salzburger Wirtschaft durch die Handelskammer in Empfang und 1973 schließlich den Bayerischen Verdienstorden. Anfang der 1950er Jahre hatte er das 1946 außerehelich geborene Kind seiner Stieftochter Margarethe adoptiert. Tobias Reiser jun. folgte dem Vater in musikalischer Hinsicht nach und übernahm die Leitung der von Tobi Reiser sen. gegründeten Ensembles.

Im März 1968 zog Tobi Reiser mit seiner Gattin in das ihnen gehörende Haus in der Josefiaustraße 19, wo er bis zu seinem Tod offiziell gemeldet war. Reiser, für seinen Biografien Walter Deutsch „die herausragende Gestalt in der Geschichte der Volksmusik Österreichs im 20. Jahrhundert“, starb am 31. Oktober 1974 in Kaprun an Herzversagen, er wurde auf dem Friedhof Morzg beigesetzt.

 

Straßenbenennung

Als im Sommer 1981 die Verbauung der ehemaligen Schließelberger-Gründe in Maxglan durch die Gemeinnützige Wohn- und Siedlungsgesellschaft GSWB begann, ersuchte das Vermessungsamt das Kulturamt, Vorschläge für die Benennung von drei neuen Straßenzügen zu übermitteln. „Über mündlichen Antrag der GSWB sollte der Straßenname Schließelbergerweg (alt eingesessene Bezeichnung und orientierungsmäßige Anschrift für das ganze Bauvorhaben) beibehalten bleiben und für das mittlere Wegstück verwendet werden.“ Doch es kamen eineinhalb Jahre lang keine Anregungen, deshalb urgierte die GSWB selbst Anfang Februar 1983 beim Kulturamt. „Da die Wohnungswerber laufend bei uns anfragen, welche Adresse Sie [sic] für Ihre [sic] künftige Wohnung bei den diversen Ämtern und bei der Salzburger Landesregierung Abt. X als Darlehensgeber angeben können, ist die Festlegung der Straßenbezeichnung vordringlich geworden.“ Die Zeit drängte also, daher machte die GSWB zwei Monate später eine weitere Eingabe in der Sache, nunmehr direkt bei Bürgermeister Dipl.-Ing. Josef Reschen (SPÖ). Diese überschnitt sich mit der Vorlage des Amtsberichts der Kulturabteilung vom 7. April 1983, in dem unter „Vorgang 5“ zu lesen ist: „Seit längerer Zeit liegt beim Amt der Vorschlag zur Benennung nach Karl Heinrich Waggerl auf. Die zweite Straße soll nach der alten Flurbezeichnung Schließelbergerweg benannt werden und die Straße Nummer drei nach Tobias Reiser.“ Daher möge der Gemeinderat beschließen: „Die [im zuliegenden Plan Beilage 7] mit 3 bezeichnete Straße wird ‚Reiserstraße‘ benannt.“ Der Kulturausschuss stimmte diesem „kurzfristig vorgeschlagene[n] Bericht“ in seiner ebenfalls am 7. April abgehaltenen Sitzung zu, wobei er „von der ÖVP-Fraktion zur Klubberatung erbeten“ wurde, „jedoch möge er am 11. 3. [sic] 1983 im Senat behandelt werden. Die Vertreter der SPÖ, BL und FPÖ sprechen sich für eine unverzügliche Weiterleitung an den Senat aus.“ In den Beratungen des Senats ersuchte Gemeinderat Dr. Walter Sulzberger (ÖVP), „in Zukunft bei der Beschlußfassung über Straßenbenennungen wiederum die bisher übliche Vorgangsweise einzuhalten. Die ÖVP-Fraktion stimme aber ebenso wie die anderen Fraktionen dem Amtsvorschlag zu.“ Nachdem Senatsrat Dr. Richard Lepuschitz vom Kulturamt versichert hatte, „daß seitens der Abt. II nicht daran gedacht sei, die bisherige Vorgangsweise abzuändern“, und er „um Verständnis für die dringliche Behandlung des vorliegenden Aktes“ gebeten hatte, stimmten die Mitglieder den Vorschlägen einstimmig zu. Im Falle der im Amtsbericht vorgeschlagenen „Reiserstraße“ ergänzte der Senat den Vornamen, beschloss also den Benennungsvorschlag „Tobias-Reiser-Straße“. Dieser wurde in der Sitzung des Gemeinderates am 3. Mai 1983 einstimmig (15 SPÖ, 11 ÖVP, 6 Bürgerliste, 6 FPÖ) beschlossen. Eine Woche später legte das Kulturamt erneut einen Amtsbericht in dieser Sache vor, wonach der Gemeinderat „aufgrund eines Schreibfehlers“ die „Tobias-Reiser-Straße“ beschlossen habe. „Da diese Benennung zur Erinnerung an Tobi Reiser, 2. 3. 1907–31. 10. 1974, gedacht ist, der in Fachkreisen niemals Tobias, sondern immer nur Tobi genannt wurde, und da der noch lebende Sohn des Genannten den Vornamen Tobias führt, wäre die Benennung auf ‚Tobi-Reiser-Straße‘ zu berichtigen.“ Diese Berichtigung wurde in den Sitzungen des Kulturausschusses am 26. Mai, des Stadtsenats am 30. Mai und des Gemeinderates am 17. Juni 1983 einstimmig (15 SPÖ, 6 ÖVP, 6 BL, 6 FPÖ) beschlossen.